Forum Umwelt & Entwicklung
Rundbrief III/2001

Die internationalen Richtlinien
für nachhaltigen Tourismus
und biologische Vielfalt

  Michael Meyer  
   

Ein wichtiger Schritt ist getan

Noch vor fünf Jahren war es nicht vorstellbar, dass sich die Konvention zum Übereinkommen über die Biologische Vielfalt (CBD) und die Kommission für nachhaltige Entwicklung (CSD) auf den Weg machen würden, ein Programm und Richtlinien zu Tourismus zu entwickeln und letztendlich zu verabschieden. Genau dies ist jedoch passiert und die Verabschiedung steht kurz bevor.
Möglich wurde dieser Erfolg hauptsächlich durch die kontinuierlichen Aktivitäten, ja teilweise schon fast insistierenden Aktionen der Bundesregierung, respektive des Referates Tourismus im Bundesumweltministerium, über die letzten Jahre hinweg. Der Ö.T.E. (Ökologischer Tourismus in Europa e.V.) hat sich seit Mitte 1998 - anfangs als Koordinator des ad-hoc Arbeitskreis ?Tourismus? im Forum Umwelt & Entwicklung - in diese Aktivitäten eingebracht und den Prozess begleitend unterstützt. Nachstehend eine kleiner Überblick über die wichtigsten Etappen bis heute:
Berliner Erklärung, März 1997
Die Konferenz in Berlin, an der Vertreter von Staaten, internationalen Organisationen, Nicht-Regierungsorganisationen (NRO) und der Tourismusindustrie teilgenommen haben, kann als der erste Meilenstein in der Entwicklung der Richtlinien betrachtet werden. Hier wurde die Erklärung zu ?Tourismus und Biologischer Vielfalt? unterzeichnet.
Heidelberg Workshop, März 1998 (INF 21)
Auf dem Experten-Workshop in Heidelberg wurde das nicht minder berühmt-berüchtigte "Informationsdokument 21" (INF 21) entwickelt und durch Staaten und NRO Vertreter abgesegnet. Das Ziel war auf Grundlage dieser Empfehlung und der Berliner Erklärung ein Zusatzprotokoll zu Tourismus an die CBD anzuhängen.
Vorlage INF 21 auf der 4. VSK in Bratislava, Mai 1998
Dieses Informationsdokument wurde auf der 4. Vertragsstaatenkonferenz (VSK) eingereicht, um dort - nach Wunsch der Bundesregierung - darüber eine Einigung innerhalb der Staatengemeinschaft zu erzielen. Dies ist allerdings gescheitert, da die Vertragsstaaten über diese Aktion im Vorfeld nur sehr unzureichend bis gar nicht informiert wurden. So wurde das INF 21 dann letztendlich zur weiteren Behandlung an das wissenschaftliche Organ der CBD (SBSTTA) weitergereicht. Mit ihrem eher dominanten Auftreten hatte es sich die Bundesregierung, hinsichtlich der Umsetzung eines Protokolls, erst einmal verscherzt.
Einladung der CSD an die CBD zur Mitarbeit an der Entwicklung von ?Globalen Richtlinien für Nachhaltigen Tourismus?, New York, April 1999
Als zweiter Meilenstein zur Entwicklung der Richtlinien kann die 7. Konferenz der CSD betrachtet werden. Hier wurden letztendlich die Eckpfeiler für die zukünftige Arbeit gesetzt: 1. die Verabschiedung eines Arbeitsprogramms zu nachhaltigem Tourismus, 2. dem Beschluß einer Überprüfung der daraus resultierenden Aktivitäten im Jahr 2002 anläßlich Rio+10 und 3. die Einladung an die CBD, sich an der Entwicklung von internationalen Richtlinien für Tourismus zu beteiligen.
5. VSK mit Schwerpunkt ?Nachhaltige Nutzung, inkl. Tourismus?, Nairobi, Mai 2000
Diese Einladung der CSD ist fast wie selbstverständlich von den Delegierten der 5. Vertragsstaatenkonferenz angenommen worden. Der Generalsekretär der SBSTTA bekam den Auftrag, einen Workshop durchzuführen, um diese Richtlinien zu entwickeln. Darüber hinaus wurden auf der 5. VSK rund um den Komplex Tourismus folgende Texte diskutiert und beschlossen: 1. ?Nachhaltige Nutzung, inklusive Tourismus?, 2. ?Maßnahmen zur Schaffung von Anreizen? und 3. ?Tourismus als Querschnittsthema?.
Workshop zu Internationalen Richtlinien, Santo Domingo, März 2001
Der Beschluss der 5. VSK war die Grundlage für den Expertenworkshop in der Dominikanischen Republik, der vom Generalsekretär der SBSTTA durchgeführt und von Deutschland und Belgien finanziert wurde. Dort entwickelten Vertreter von Staaten, internationalen Organisation, Indigenen Völkern, Nicht-Regierungsorganisationen (NRO) und der Tourismusindustrie innerhalb von nur drei Tagen die gesamte Struktur und Inhalte der Richtlinien.
Diese Richtlinien werden nicht als starres Konstrukt verstanden, sondern sollen zukünftig sowohl auf internationaler Ebene als auch bei einer Umsetzung durch die jeweiligen Staaten weiter diskutiert und fortgeschrieben werden. Nachstehend einen Überblick über die Eckpunkte der Richtlinien, die sich sehr an einen Managementprozess orientieren:

Richtlinien für Aktivitäten im Bereich nachhaltige Tourismusentwicklung und biologische Vielfalt in wertvollen Land-, Meeres- und Bergökosystemen


@Gev:q Anwendungsbereich
q Schritte des Managementprozesses
(a) Institutionen
(b) Grundlageninformation und Prüfung
(c) Leitbild und Ziele
(d) Überprüfung der gesetzlichen Vorgaben und Kontrollmaßnahmen
(e) Umweltverträglichkeitsprüfung
(f) Wirkungsmanagement
(g) Entscheidungsfindung
(h) Implementierung
(i) Monitoring
(j) Adaptives Management
(k) Gewinn- und Nutzenteilung
q Notifizierungsprozess und Informationsbedarf
q Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung

Wie bereits erwähnt, ist der Diskussionsprozess mit der Entwicklung der Richtlinien noch lange nicht abgeschlossen. Das ursprüngliche Ziel der Bundesregierung, ein Zusatzprotokoll zu Tourismus innerhalb der CBD durchzusetzen, ist zwar erst einmal gescheitert, doch bieten die Richtlinien mit ihrem Empfehlungscharakter kurz- und mittelfristig mehr Spielraum für eine Umsetzung.

Verankerung in internationalen Prozessen


In nicht allzu ferner Zukunft stehen bereits weitere Weichenstellungen bzgl. der Bearbeitung der Richtlinien an, um diese in den internationalen Prozessen zu verankern. Nachstehend werden die wichtigsten davon beschrieben:
  • Internationaler NRO Workshop zum IYE und den Richtlinien, Indien September 2001: Dieser Workshop hat zum Ziel, internationale NRO über die Themen Richtlinien und das Internationale Jahr des Ökotourismus 2002 (IYE) zu informieren und Stellungnahmen dazu zu erarbeiten, die in die Prozesse CBD und CSD einfließen sollen.
  • Konferenz zu Tourismus und Nachhaltigkeit in den MOE-Staaten, Slowakei, Oktober 2001: Zu dieser Konferenz werden sowohl die Delegierten der Mittel- und Osteuropäischen Staaten (MOE) als auch NRO Vertreter geladen um den derzeitigen Status der Tourismusentwicklung der betreffenden Länder zu erörtern und eine Diskussion anzuregen, inwieweit die internationalen Richtlinien umsetzbar sind.
  • 7. SBSTTA Sitzung (Nachhaltige Nutzung), Montreal, November 2001: Auf dieser Sitzung der SBSTTA wird u.a. der Report zu ?Nachhaltiger Nutzung und Tourismus? vorgelegt, welcher im Anhang die Richtlinien beinhaltet. Die Delegierten auf der SBSTTA werden dort entscheiden, ob die Richtlinien angenommen werden und ob diese an die CSD und CBD weitergeleitet werden. Letzteres steht im Grunde außer Frage.
  • 2. PrepCom der CSD (Internationale Richtlinien), New York, 2002: Auf diesem Vorbereitungstreffen für den Weltgipfel in Johannesburg besteht wahrscheinlich vorerst die einzige Möglichkeit, dass die Richtlinien zur Diskussion geöffnet werden und alle Vertreter auf der CSD hier ihre Änderungsvorschläge einbringen können. Darüber hinaus wird dort entschieden, ob und wie die Richtlinien in das Arbeitsprogramm der CSD zu nachhaltigen Tourismus eingearbeitet wird.
  • 6. VSK der Biodiversitätskonvention, Den Haag, April 2002: Auf der 6. VSK werden die Richtlinien eine sehr kleine Rolle spielen. Sie werden wahrscheinlich nur verabschiedet und nicht zur Diskussion freigegeben. Dennoch ist dieser Schritt sehr wichtig, da dadurch die Richtlinien als offizielles Dokument der CBD anerkannt wird.
  • World Ecotourism Summit, Quebec, Mai 2002: Der Weltökotourismusgipfel bildet in diesem Kontext auf den ersten Blick nur einen Nebenschauplatz. Er sollte aber nicht unterbewertet werden, da die Ergebnisse des Gipfels, als Report in den nachfolgenden Weltgipfel einfließen werden. Deshalb werden die Richtlinien auch hier zur Diskussion stehen. Wahrscheinlich wird hier auch eine Stellungnahme erarbeitet.
  • World Summit (Rio +10), Johannesburg, September 2002. Als finaler ?Showdown? im Jahr 2002 und wichtigste Veranstaltung in dieser Reihe werden hier alle Aktionen, Information u.a. zu Tourismus gebündelt. Die Richtlinien könnten hier, falls entsprechend vorbereitet und auf breiter Basis unterstützt, eine zentrale Rolle spielen, wenn es darum geht, zukünftige Maßnahmen im Bereich ?Tourismus und nachhaltige Entwicklung? auf den Weg zu bringen und Initiativen innerhalb der internationalen Prozesse zu bündeln.

Der Ö.T.E. wird diesen Prozess mit Unterstützung des BMU begleiten und an den jeweiligen Konferenzen teilnehmen. Zielgerichtet auf die Richtlinien hat der Ö.T.E. ein Diskussionsforum eingerichtet, wo die aktuellen Information abgefragt und Stellungnahmen dazu abgegeben werden können: http://groups.yahoo.com/groups/CBD_Guidelines


Michael Meyer


Der Autor ist Vorstandsmitglied im Verein Ökologischer Tourismus in Europa (Ö.T.E.), dort zuständig für internationale Tourismuspolitik und die Umsetzung von Modellprojekten.