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Forum Umwelt &
Entwicklung Festgefahrene Fronten bei der CSD-9 |
Jürgen Maier | |||||
Nachhaltige Energiewirtschaft nicht konsensfähigZugegeben: Energie und Verkehr sind nicht gerade Themen, die sich zuerst anbieten, wenn man zu einem Konsens über nachhaltige Politik kommen will. Das kennen wir schließlich aus den innenpolitischen Debatten fast aller Länder: Die Lobby nicht-nachhaltiger Politik und Wirtschaft ist gerade in diesen Sektoren am stärksten. Und Energie war schon in Rio so kontrovers, dass es selbst in der Agenda 21 kein eigenes Energiekapitel gibt. Alles in allem standen die Vorzeichen also nicht sonderlich günstig dafür, dass die neunte CSD-Sitzung in diesem Jahr eine Sternstunde in der Geschichte der CSD werden würde, da sie genau diese beiden Schwerpunktthemen hatte.
Atomenergie Nur bei der Frage der Atomenergie entstanden etwas andersartige Fronten: mit die härtesten Kämpfer gegen die Atomkraft waren seit jeher die Saudis, während in der EU die beiden rot-grünen Koalitionen aus Frankreich und Finnland sich als Atom-Freunde profilierten, gegen die Anti-Atom-Hardliner wie dem rot-grünen Deutschland, dem schwarzbraunen Österreich sowie Irland, so dass die EU nicht zu einer klaren Position kam. Am Ende gab es nur die Alternative, ob man sich entweder zur Atomenergie gar nicht äußern soll oder schlichtweg konstatieren soll, dass es verschiedene Positionen gibt. Die zweite Variante setzte sich schließlich durch, aber so groß ist der Unterschied faktisch nicht. Subventionen für fossile Brenstoffe Aufschlussreich über die Arbeitsweise der CSD war die Frage der Subventionen für fossile Brennstoffe. Bei den Dialogue Sessions der gesellschaftlichen Gruppen wurde einhellige Kritik an diesen Subventionen geäußert, selbst von den Gewerkschaften (die IG Chemie & Bergbau war nicht dabei), nur die Vertreter der Wirtschaft äußerten sich ausgesprochen ambivalent. Bei einem Side Event der Internationalen Energieagentur IEA und von UNEP zu Energiesubventionen wurde über regionale Tagungen beider Organisationen zu diesem Thema berichtet. Alle diese Tagungen richteten sich an Regierungsbeamte, und es waren Regierungsbeamte aus allen Kontinenten, die bei dem Side Event darüber berichteten. Alle waren sich einig: diese Subventionen nützen vor allem den Reichen, sie leeren die Staatskasse, sie führen zu Verschwendung. Ein indonesischer Regierungsvertreter berichtete, in seinem krisengeschüttelten Land (OPEC-Mitglied) würden sage und schreibe 25% des Staatshaushalts zur Subventionierung fossiler Brennstoffe verwendet, mehr als für Bildung, gesundheit oder selbst für den Schuldendienst. Auf die Frage, ob die vortragenden Regierungs-Vertreter irgendeinen Kontakt mit ihren real existierenden CSD-Delegationen hätten, mussten sie mit nein antworten. Es war dann prompt nahezu unmöglich, in den Beschluss-Text irgendwelche Aussagen zu Energiesubventionen einzufügen, außer einem Stück "agreed language" aus dem Jahr 1997 - stattdessen wurde beispielsweise empfohlen, die Kohleverflüssigung voranzutreiben, die wie kaum eine andere fossile Technologie nur in einem rundherum subventionierten Umfeld bestehen kann. Textpassagen, die versuchten, eine nachhaltige Energiewirtschaft etwas genauer einzugrenzen, scheiterten routinemäßig an den G77. Begründung: all dies sei für Entwicklungsländer irrelevant, zunächst einmal müssten sich diese nämlich entwickeln, bevor sie irgendwelche Gedanken an Nachhaltigkeit verschwenden könnten. Um so heftiger wurde dort allerdings betont, wie dringend die Entwicklungsländer auf Entwicklungshilfe für ihre Energiebedürfnisse angewiesen seien und wie wichtig Energiepolitik ist, die die Armutsbekämpfung unterstützt (Zyniker würden hier wohl anmerken, dass eine von Ölimporten abhängige Energiestruktur der meisten Entwicklungsländer sicherlich zur Armutsbekämpfung in den OPEC-Staaten beiträgt). Alles in allem ist der Energie-Beschluss der CSD-9 wahrlich kein wegweisendes Dokument für Rio+10. Sondersitzung des UNEP-Verwaltungsrats Ein interessantes Highlight am Rande der CSD war eine Sondersitzung des UNEP-Verwaltungsrats, die aus Anlass der Anwesenheit der vieler Umweltminister im UN-Hauptquartier parallel stattfand. UNEP-Exekutivdirektor Klaus Töpfer präsentierte dort seinen von der UNEP-Verwaltungsratssitzung im Februar angeforderten Bericht zum Status der "International Environmental Governance" (1). Dabei geht es um die Frage, wie im Rahmen des Rio+10-Prozesses institutionelle Fragen vorangebracht werden können, allen voran die Frage, wie UNEP so handlungsfähig gemacht werden kann, dass es seinen Aufgaben einigermaßen gerecht werden kann. Eine Welt-Umweltorganisation, wie sie von einigen Staaten gefordert wird, dürfte als Resultat dabei sicherlich nicht herauskommen, aber eine Aufwertung und Stärkung von UNEP ist realistisch und dringend erforderlich. Töpfers Bericht umschiffte meisterlich alle Klippen, die in diesem rauen Fahrwasser lauern, und er schaffte das Kunststück, dass sich alle auf den Bericht positiv bezogen - auch die Entwicklungsländer, von denen viele in der internationalen Umweltpolitik fast nur noch ein Komplott der Industrieländer zur Schwächung der Entwicklungschancen des Südens sehen. Immer noch wird nachhaltige Entwicklung viel zu oft als eine ganz traditionelle "Entwicklung" (sprich: den Norden kopieren) verstanden, statt darin einen Prozess zu sehen, in dessen Rahmen sich Nord und Süd diese nicht-nachhaltigen Entwicklung der Vergangenheit überwinden. Hauptanliegen von Töpfer und der UNEP ist es, endlich eine gesicherte Finanzbasis zu bekommen, also weg von den freiwilligen Beiträgen hin zu geregelten Beiträgen wie in einer normalen UN-Sonderorganisation (die UNEP ja nach wie vor nicht ist). Hindernisse auf dem Weg zu nachhaltiger Entwicklung Zusammenfassend kann man sagen, dass es den meisten Staaten bei dieser CSD nicht darum ging, schwierige Hindernisse auf dem Weg zu nachhaltiger Entwicklung anzupacken, sondern im Gegenteil darum, zu verhindern, dass diese Hindernisse angepackt werden. Die nationale Souveränität, nicht-nachhaltig zu handeln, wird von fast allen Staaten intensiv bemüht, wenn es zu konkreten Beschreibungen der Versäumnisse der letzten Jahre und der anstehenden Taten der nächsten Jahre kommt, da stehen die Amerikaner bei weitem nicht so alleine wie es manchmal aussieht. Apropos USA: Während die Amerikaner genauso wie die außereuropäischen Industriestaaten und Russland ihre gewohnte Zurückhaltung an den Tag legten (die man auch als Desinteresse an der CSD auslegen kann), war diese CSD mehr noch als in der Vergangenheit von der Polarisierung zwischen der EU auf der einen Seite, die sich wenigstens um nach vorne weisende Beschlüsse bemühte, und den Entwicklungsländern gekennzeichnet. Der Hauptgrund dafür dürfte die Tatsache sein, dass fast keine Vertreter aus den Entwicklungsländern zur CSD anreisen, sondern die New Yorker UN-Vertretungen dort die Politik machen. Diese "New York Mafia" funktionalisiert die CSD dazu, ritualisierte Schaugefechte aus einem Dutzend anderer UN-Gremien hier zu wiederholen, zumal diese Diplomaten von den verhandelten Themen in der Regel nicht viel Ahnung haben. Das geht sogar soweit, dass es ausgerechnet viele G77-Vertreter waren, die Wert darauf legten, dass über die institutionelle Zukunft von UNEP in New York entschieden werden muss und nicht in Nairobi am Sitz von UNEP- dem einzigen UN-Standort in einem Entwicklungsland... Der Weg zum Gipfel Die CSD-10,
deren Auftaktsitzung unmittelbar nach der CSD-9 Anfang Mai stattfand,
unterscheidet sich von den vorhergehenden allein schon dadurch, dass
sie keine thematischen Schwerpunkte hat, sondern in vier verschiedenen
Einzelsitzungen als Vorbereitungskommission für den Johannesburg-Gipfel
fungiert. Die Tatsache, dass die vierte und letzte dieser Sitzungen
in Indonesien stattfindet - um dieses Land als den unterlegenen Mitbewerber
Südafrikas für den entgangenen Gipfel zu entschädigen
- könnte dabei von größerer Bedeutung sein als zunächst
angenommen: zunehmend mehr Beobachter kommen zu dieser Ansicht, dass
es für die CSD von großer Bedeutung sein könnte, künftig
außerhalb New Yorks zu tagen.
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