Erdgipfel in Johannesburg: noch Hoffnung?

von Daniel Mittler


 

12. August 2002

 
   

Noch zwei Wochen! Am 26. August beginnt in Johannesburg, Südafrika der Weltumweltgipfel. Über 120 Staats- und Regierungchefs - darunter auch Bundeskanzler Schröder - werden erwartet. Das sind immerhin 12 mehr als 1992 in Rio de Janeiro. Damals, beim historischen Weltgipfel für Entwicklung und Umwelt, versprachen die Industrieländer ihr Konsumverhalten zu ändern. Sie wollten in Zukunft die globalen Ressourcen fairer verteilen und gleichzeitig die Umwelt schützen.
Daraus ist nicht viel geworden. In den letzten zehn Jahren verschlechterte sich die globale Umweltsituation rasant - und die Schere zwischen arm und reich ging national wie international immer weiter auseinander. Wird der Weltgipfel in Johannesburg daran etwas ändern?
In globalen Verhandlungen wurden die in Johannesburg zu verabschiedenden Texte in den letzten 18 Monaten erarbeitet. Zuletzt trafen sich die Bürokraten aller Länder in Bali, Indonesien im Juni. Doch geeinigt haben sie sich bisher nur auf etwa Drei-Viertel eines Textes, den sie hoffnungsfroh "Aktionsprogramm" nennen. Aktionen - Initiativen die wirklich etwas bewegen würden - sind darin aber noch kaum zu finden. Alle für die Zukunft des Planenten interessanten Punkte - vom Klimaschutz zum Welthandel - werden erst in Johannesburg zu Ende verhandelt.
Es sieht nicht gut aus. Die USA, tatkräftig unterstützt von Kanada, Australien und den ölexportierenden OPEC-Staaten, sträuben sich gegen jede neue internationale Verpflichtung. Ein globales Ziel für den Ausbau erneuerbarer Energien, für das sich Umweltminister Jürgen Trittin mit sehr viel Elan stark macht, ist für die USA genauso inakzeptabel, wie eine konkrete Zielsetzung für die weltweite Verbesserung der sanitären Grundversorgung bis zum Jahr 2015. US-Präsident Bush hat zwar nach den jüngsten Wirtschaftsskandalen schärfere Regeln z.B. für Bilanzprüfer eingeführt. Aber wenn Konzerne globale soziale und ökologische Regeln akzeptieren sollen - dann blockiert die amerikanische Regierung weiterhin. Und auch nach den Unwettern des Sommers, finden es die USA inakzeptabel, wenn die globale Klimavereinbarung, das Kyoto-Protokoll, im Verhandlungstext auch nur lobend erwähnt wird.
Aber noch ist nicht alles verloren. Seit den gescheiterten Verhandlungen in Bali ist die Europäischen Union sichtlich bemüht, die USA durch eine strategische Allianz mit den Entwicklungsländern zu isolieren. Seit Juli führen die Dänen die Verhandlungen für die EU. Trotz der Teils extremrechten dänischen Regierung tun sie dies effektiver - und progressiver! - als die Spanier vor ihnen. Konkrete Ziele für sanitäre Anlagen und erneuerbare Energien sind deshalb zumindest noch im Bereich des Möglichen. Wichtige, in Rio etablierte Prinzipien, wie das Vorsorgeprinzip und die besondere Verantwortung der Industrieländer, könnten in Johannesburg zumindest bestätigt werden. Das Vorsorgeprinzip besagt, dass immer wenn Gefahren drohen, auch dann gehandelt werden soll, wenn diese Gefahren noch nicht endgültig wissenschaftlich bewiesen sind. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit - aber die USA weigert sich seit 18 Monaten, diese Selbstverständlichkeit bei einem Weltumweltgipfel noch einmal laut auszusprechen. Schließlich könnte man daraus schließen, dass auch die USA die mögliche Gefahr des Klimawandels ernster nehmen muss! Aber immerhin: In all diesen Bereichen besteht Hoffnung, dass die USA sich zwar nicht positiv zu den Zielen bekennt, aber den Rest der Welt zumindest nicht blockiert. Auch ist es wahrscheinlich, dass die Regierungen in Johannesburg den Geldhahn für den Globalen Umweltfond (GEF), der weltweit Umweltschutzprojekte finanziert, öffnen werden. Hier könnte die USA sich sogar beteiligen!
In Johannesburg müsste aber mehr drin sein! Wann, wenn nicht beim Weltumweltgipfel, wollen die Regierungen endlich der wirtschaftlichen Globalisierung klare soziale und ökologische Grenzen setzen? Auch die Europäische Union ist bisher nicht bereit sich z.B. klar dazu zu bekennen, dass Umweltabkommen immer Vorfahrt vor den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) haben müssen. Globale Regeln für globale Konzerne, wie sie eine breite Allianz von Nichtregierungsorganisationen, Entwicklungsländern und Gewerkschaften fordern, lehnt auch die Bundesregierung ab. Dabei hat sich der Bundesverband der deutschen Industrie gerade erst geweigert, sich aus Anlass des Johannesburg-Gipfels, freiwillig zu Standards bei Investitionen im Ausland zu bekennen. Wenn selbst ein Weltumweltgipfel den BDI nicht dazu bewegen kann, einen kleinen Schritt in die richtige Richtung zu tun, dann muss die Politik endlich den Mut zeigen, verbindliche internationale Regeln für die Wirtschaft auf den Weg zu bringen.
Der Erdgipfel in Johannesburg kann in wichtigen Bereichen wie dem Ausbau erneuerbare Energien Fortschritte erzielen. Der BUND setzt sich dafür z.B. durch die Kampagne "Ja zu positiver Energie", die mehr als 120,000 Menschen in Deutschland unterschrieben haben, ein. Ein wirklicher Erfolg wird der Gipfel aber nur dann, wenn die Regierungen zeigen, dass sie die wirtschaftliche Globalisierung nicht weiter nur verwalten wollen. Auch ein Bekenntnis von Kanzler Schröder in Johannebsurg, dass die Bundesrepublik ihre Klimagasemissionen bis 2020 um 40% reduzieren wird, wäre hierfür ein willkommenes Signal.

Daniel Mittler ist Fachreferent für internationale Umweltpolitik beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND; www.bund.net) und leitet die "Rio+10" Kampagne dessen internationalen Netzwerkes, Friends of the Earth International (www.foei.org). Weitere Infos zum Weltgipfel unter www.bund.net?rio.htm ; www.rio-plus-10.org, www.rio-10.de .