Presseerklärung des Forums Umwelt und Entwicklung deutscher Nichtregierungsorganisationen zum bisherigen Verlauf des Weltgipfels für Nachhaltige Entwicklung in Johannesburg

Johannesburg-Gipfel: Jetzt ist ein Kraftakt der Regierungschefs gefordert

 

30. August 2002

 
   

Es gibt nichts zu beschönigen: Der bisherige Verlauf des Gipfels ist enttäuschend. Kleinen Erfolgen, deren Bedeutung sich eigentlich nur Insidern des Rio-Prozesses erschliesst, stehen die Blockaden in den entscheidenden Punkten entgegen, an denen die Umsetzung von Nachhaltiger Entwicklung im Sinne der Rio-Beschlüsse krankt. In der kommenden Woche muss der Durchbruch geschafft werden.

Zentrale Entwicklungshindernisse für die Länder des Südens werden auf diesem Gipfel bis jetzt nicht angegangen: Weder beim Marktzugang für Entwicklungsländer noch bei der Bereitstellung der bereits in Rio zugesagten Mittel für die Finanzierung nachhaltiger Entwicklung in Höhe von 0.7% des Bruttonationaleinkommens sind die Industrieländer bereit, die Ergebnisse von Doha und Monterrey zu verbessern. Stattdessen beharren die Industrieländer, auch die EU, auf den umwelt- und entwicklungsschädlichen Subventionen v.a. im Agrarbereich. Wer wie die USA darauf besteht, dass WTO-Beschlüsse grundsätzlich nicht angetastet werden dürfen, blockiert eine zukunftsfähige Entwicklung.

Für das Gastgeberland Südafrika, das besonderes Gewicht auf greifbare Ergebnisse gerade für die afrikanischen Länder gelegt hatte, wäre das ein Affront. Die dringend erforderliche "nachhaltige Gestaltung der Globalisierung" hat in Johannesburg bisher noch keine Konturen bekommen. Wir fordern, dass Umweltabkommen immer Vorrang vor Wirtschaftsabkommen haben und verbindliche Rahmensetzungen für global agierende Unternehmen vereinbart werden. Darüberhinaus können freiwillige Selbstverpflichtungen positiv sein.

Die sogenannten Typ-2-Partnerschaftsprojekte haben für uns ergänzende Funktion. Viele Konzerne, auch aus Deutschland, die national oft genug umweltpolitische Fortschritte von der Ökosteuer bis zur Verkehrswende bekämpfen, spielen sich hier als wenig glaubwürdige Nachhaltigkeitspioniere auf.

Auch umweltpolitisch enttäuscht der bisherige Verlauf des Gipfels. Es ist verantwortungslos, wie die fossile Dinosaurierallianz aus USA und OPEC jegliche Festlegung einer Zielgrösse für erneuerbare Energien verhindern will. Die Appelle der pazifischen Inselstaaten, sie nicht untergehen zu lassen, verhallten bisher ungehört. Selbst das bescheidene Ziel der EU, bis 2010 einen Anteil von ganzen 15% für erneuerbare Energien am Weltprimärenergieverbrauch zu beschliessen (gegenüber jetzt 13%), wird von dieser Allianz blockiert. Wir fordern die EU auf, sich dem wesentlich weitergehenden brasilianischen Vorschlag anzuschliessen.

Im Aktionsplan muss ein verbindliches Ziel zum Stopp des Verlustes der biologischen Vielfalt verankert werden. Wir warnen die EU davor, dies zur disponiblen Verhandlungsmasse zu machen.

Dort, wo bereits Einigungen erzielt wurden, haben sie zuwenig Substanz. So haben die Regierungen sich zwar erfreulicherweise darauf geeinigt, die globalen Fischbestände bis 2015 auf einem nachhaltig nutzbaren Niveau zu stabilisieren, dies aber mit dem Zusatz "wenn möglich" versehen. Solche butterweichen Kompromisse sind kaum als Fortschritt zu nachhaltiger Entwicklung zu erkennen.

Das Menschenrecht auf Gesundheit, besonders das Menschenrecht von Frauen auf reproduktive Gesundheit muss unabhängig von kulturellen Werten und nationalen Gesetzen festgeschrieben werden.

Wir fordern die Regierungschefs auf, ihrer Verantwortung für ökologische und soziale Nachhaltigkeit gerecht zu werden und den Gipfel zu einem Erfolg zu machen.


Kontakt: Jürgen Maier 083-515-2673